ADRESSE
Atelier
Weißdornweg 12
4030 Linz
Austria
Michael Sardelic und Hermine Reidinger zeigen zwei
Installationen, Disentanlement (Befreiung) und
Dependence (Abhängigkeit), aus der Serie
Levitations - Figures. Diese bestehen aus Fotografien
(zweiansichtige Drucke auf Dibond) menschlicher
Figuren, die wie Marionetten an Stangen und Fäden
in jeweils einer ca 2,50 Meter hohen Rahmen-
konstruktion aufgehängt sind. Menschen unter-
schiedlichster Generationen befinden sich in
verschiedenen Positionen bzw. Bewegungsabläufen.
In beiden Arbeiten sind die Figuren als Teile einer
Gruppe bzw. eines gesellschaftlichen Systems zu
verstehen, in dem alle voneinander abhängig sind.
Jede Bewegung, jede Veränderung einer Figur
schafft neue Bedingungen im Gefüge und wirkt sich
positiv oder negativ auf den Zustand und die Lage
der anderen aus.
Auf der einen Seite stehen individuelle Wünsche
nach Freiheit und weniger Fremdbestimmtheit,
symbolisiert durch Versuche, sich von den Seilen
und Gestängen zu befreien bzw. nach oben zu
klettern wie in Disentanglement. Auf der anderen
Seite steht die soziale Rücksichtnahme: Beispiels-
weise versucht eine Person, eine Stange durch
Schaffung eines Gegengewichts in der Waage zu
halten, woraus eingeschränktere Bewegungen und
somit mehr Abhängigkeit von der Gesellschaft
resultieren. Wird kein Gleichgewicht erreicht - dafür
stehen auch die fallenden Figuren -, gerät nicht nur
die labile Konstruktion aus dem Lot, sondern auch
das Schicksal des Einzelnen.
Dr. Petra Noll, Kuratorin 10/2013
Katalogtext
“IN BEWEGUNG”,
Fotoforum Braunau,
Oktober 2013
Der Begriff des Mobile wurde 1932 von Marcel
Duchamp geprägt, er beschrieb damit die Arbeiten
von Alexander Calder, dem Amerikanischen Bild-
hauer und Vorreiter der Kinetischen Kunst, dessen
abstrakte, zT riesigen, aber zarten Metallplastiken
durch Motoren, Wind, Wasser oder von Hand in
Bewegung versetzt werden können..
Heute im 20gerhaus sehen wir: der Luftzug genügt,
um die ausgestellten Objekte in Bewegung zu setzen.
Wenn nicht, heisst es: touching forbidden, blowing
allowed! Und wir dürfen (möglichst trocken) blasen.
HuM-ART nennt sich das Künstlerpaar, zusammen-
gesetzt aus Hermine Reidinger und Michael Sardelic.
Die assoziative Verbindung zu Humanitas oder
Humanität ist durchaus gewollt, beschäftigen sie sich
doch inhaltlich mit dem Menschen, dem Individuum
einerseits, vor allem aber mit uns Menschen als in
ein soziales Gefüge eingebundene Wesen.
HuM-ART beschäftigt sich kritisch mit unserer Welt
und den Verhältnissen, sie stellen etwa in der Arbeit
virtual humanity das gesellschaftliche Gefüge buch-
stäblich auf den Kopf, hier halten die Oberen 10 000
plötzlich das Sicherheitsnetz für alle in den Händen
und übernehmen in dieser Utopie Verantwortung für
eine gerechtere Welt.
Manchmal ist die Botschaft aber auch nicht so direkt,
wie etwa in der Arbeit inbetween soul, wo die Frage
nach dem Sitz der Seele und ihrer Darstellungs-
möglichkeit trotz nüchterner Röntgen- und
Tomografie Aufnahmen in sehr poetischer Form
gestellt wird.
Diese Schnittstelle zwischen Wissenschaft und
Gesellschaftspolitik mit allen ethischen Fragen, die
sich daraus ergeben ist ein Bereich, der sich, seit ich
ihn vor bald 20 Jahren kennengelernt habe, durch
Michael Sardelics Arbeit zieht.
Auch in der ganz neuen Arbeit Paargenetikprofil
verwenden die Beiden die moderne Technik des
genetischen Fingerabdrucks und verschmelzen ihre
beiden DNA –Stränge virtuell als Sinnbild einer
unverwechselbaren Beziehung.
Das Fragile aller Zustände, die Veränderung als
Grundprinzip allen Lebens findet in der Form des
Mobile seine Entsprechung, die Bewegungen der
Elemente lassen uns als Betrachter in den immer
neuen Konstellationen immer neue Geschichten
erleben.
Hermine Reidinger ist in Andorf geboren, wo sie als
Lehrerin arbeitet, ihre Kreativität hat sie früher als
Jazz Sängerin ausgelebt, Michael Sardelic hat sich
seit vielen Jahren einen Ruf als Foto – Objektkünstler
gemacht. Die beiden leben und arbeiten seit
4 Jahren zusammen, alle Ideen und Konzepte
entstehen in gemeinsamer Auseinandersetzung, in
der Ausführung teilen sie sich die Aufgaben –
Hermine ist zB. für technische Belange und das
Schneiden der Figuren zuständig, Michael zB. für die
Bildbearbeitung am Computer.
Aktuell stellen die Beiden (ausser im 20gerhaus)
auch in Gera aus und bereiten Ausstellungen in Jena
und London vor. Sie haben dieses Jahr den
12. Internationalen Syrlin-Kunstpreis in Stuttgart
gewonnen und stecken voller Pläne, Projekte und
Ideen.
Alexander Calder hat, ich glaube ganz im Sinne von
HuM Art gesagt „Wenn alles klappt, ist ein Mobile ein
Stück Poesie, das vor Lebensfreude tanzt und
überrascht.“
Ich wünsche Hermine und Michael viel gemeinsame
kreative Extase und der Ausstellung viel Erfolg.
Sigrid Kofler, Oktober 2013
Zur Ausstellung
“touching forbidden,
blowing allowed”
20ger Haus, Oktober 2013